Nach einer überraschend stabilen ersten Jahreshälfte, in der sich die großen Tech-Konzerne von den Tiefstständen des vergangenen Jahres erholten, die Renditen der US-Staatsanleihen ein 15-Jahres-Hoch erreichten, und der S&P 500® Index sowie der Nikkei Index zweistellige Renditen erzielten, könnten Anleger bis zum Jahresende mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung rechnen.

Marktstrategen und Ökonomen von Natixis Investment Managers warnen jedoch vor stärkerem Gegenwind. Anleger sollten darauf vorbereitet sein, in den nächsten sechs Monaten ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Die 32 Anlageexperten in den USA und Europa, die Ende Juni zu ihrer Einschätzung der Investmentlandschaft für das zweite Halbjahr 2023 befragt wurden, warnen, dass die Risiken an allen Fronten zunehmen.

Mit Blick auf die Zukunft zeichnen sie ein unklares Bild. Innerhalb der zweiten Jahreshälfte 2023 erkennen sie allerdings klare Gewinner und Verlierer:
  • Inflation: Die Inflation zeigt sich zwar abnehmend/schwächt sich ab, wird jedoch von 69% der Befragten für die zweite Jahreshälfte als zu hohes (22%) oder moderates (47%) Risiko gesehen. Es besteht Konsens über die Einschätzung, dass es 12-18 Monate dauern wird, bis die Zielsätze der Zentralbanken erreicht sind.
  • Festverzinsliche Wertpapiere: Auch wenn es noch lange dauern könnte, bis die Inflationsziele erreicht werden, so ist doch davon auszugehen, dass die höheren Zinssätze mit dem Abkühlen der Inflation im Laufe des Jahres einer Zinssenkung weichen werden. In Kombination mit moderaten Rezessionssorgen bringt dies 56 % der Befragten zu der Überzeugung, dass sich langfristige Anleihen besser entwickeln werden als solche mit kurzer Laufzeit.
  • Aktien: Trotz des anfänglichen Aufschwungs rechnen die Strategen mit einer Abkühlung der Performance. 63 % gehen davon aus, dass der Aufschwung in der Tech-Branche bis zum Jahresende nachlassen wird. Die größten Herausforderungen für die Märkte werden ihren Prognosen zufolge die Zentralbankpolitik (72 %) und die Geopolitik (72 %) darstellen.
  • Rezession: Während einige Marktbeobachter davon ausgehen, dass diese inflationäre Phase ihren natürlichen Abschluss in einer Rezession finden wird, sind die Strategen von Natixis weniger besorgt: 50 % der Befragten stufen das Risiko einer Rezession im zweiten Halbjahr als gering ein, während 31 % der Befragten es als moderates Risiko betrachten.
Letzten Endes sehen sie eine unsichere Welt, die aber durchaus Chancen bereithält. Um davon profitieren zu können, müssen die Anleger mit einem schwierigeren und risikoreicheren makroökonomischen Umfeld klarkommen, als es die meisten von ihnen seit Januar erlebt haben.


Inflation: Von großer Angst zu nachlassenden Preisen

Nach einem schmerzhaften Anstieg der Kosten für Öl, Lebensmittel, Autos und Güter des täglichen Bedarfs konnten die Verbraucher im ersten Halbjahr 2023 ein wenig durchatmen, als die Bemühungen der Zentralbanken, den Druck zu verringern, erste Ergebnisse zeigten.

Im Juni ging die Inflation in den USA auf 3 % zurück, nachdem sie 2022 noch bei 6,5 % gelegen hatte. Auch in der Eurozone gab es gute Nachrichten; hier sank die Inflationsrate von 9,2 % auf 5,5 %. Nicht mithalten konnte das Vereinigte Königreich, wo sich die Inflation mit einem Rückgang von 10,5 % zum Jahresende auf 7,9 % im Juni als hartnäckiger erwies1.

Trotz dieser positiven Entwicklung stufen 69 % der Marktstrategen bei Natixis Investment Managers die Inflation in den nächsten sechs Monaten als moderates (47 %) oder hohes Risiko (22 %) ein. Damit bleiben zwar 31 %, die bis dato deutliche Fortschritte sehen und die Inflation als geringes Risiko einstufen, doch besteht ein großer Unterschied zwischen der Bewertung als geringes Risiko und der Erwartung, die Inflation wieder vollständig in den Griff zu kriegen.

Marktstrategen gehen davon aus, dass es noch lange dauern wird, bis die Inflationsziele erreicht sind.
Die meisten der Befragten gehen davon aus, dass die Inflationsziele nicht vor 2025 (38 %) oder zumindest nicht vor der zweiten Hälfte des nächsten Jahres (28 %) erreicht werden. Trotz dieser langfristigen Prognose sind 72 % nach wie vor in Sorge, dass die Inflation länger dauern könnte als vorhergesehen.

Wie lange wird es dauern, bis die Inflationsziele der Zentralbanken erreicht sind?

Bis zum Jahresende 6%
Bis zur ersten Jahreshälfte 2024 19%
Bis zur zweiten Jahreshälfte 2024 28%
Bis 2025 38%
Bis 2026 oder länger 9%
Obwohl die Befragten davon ausgehen, dass es noch 18–24 Monate oder länger dauern wird, bis die anvisierten Inflationsraten erreicht sind, rechnen sie auf dem Weg dahin mit vielen kleineren Erfolgen. Für das zweite Halbjahr rechnen sie damit, dass eine Reihe von Faktoren zum Rückgang der Inflation beitragen werden.

Da die im letzten Jahr stark gesunkenen Mietkosten nun auch in den Daten zur Wohnungsinflation enthalten sind, gehen 63 % der Strategen davon aus, dass der Wohnungsmarkt im zweiten Halbjahr zu einem Rückgang der Inflationszahlen beitragen wird.

Ein weiterer Lichtblick sind die niedrigeren Energiepreise. Die Hälfte der Befragten glaubt, dass niedrigere Kosten zu einer Verbesserung der Inflation beitragen. Öl war einer der Haupttreiber der galoppierenden Inflation, zumal der Preis für Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) am 7. März 2022 einen Höchststand von 130,50 US-Dollar pro Barrel erreichte. Fünf Quartale später sind die Preise um 39 % auf 74,65 US-Dollar pro Barrel gesunken2.

Ein Jahr nach diesem langsamen Preisrückgang prognostiziert die Mehrheit der Natixis-Strategen, dass die niedrigeren Preise im zweiten Halbjahr entweder bestehen bleiben oder sogar noch weiter sinken werden. Insgesamt gehen 50 % davon aus, dass sich der WTI-Preis im zweiten Halbjahr zwischen 65 und 75 US-Dollar pro Barrel bewegen wird. Nur wenige (6 %) gehen von einem Preisrückgang auf unter 65 US-Dollar aus, und nur 28 % rechnen mit einem Preisanstieg auf 75 bis 85 US-Dollar. Noch weniger (16 %) gehen davon aus, dass die Preise eine Spanne zwischen 85 und 95 US-Dollar erreichen werden. Keiner der Befragten rechnet damit, dass der Preis für WTI bis zum Jahresende bei über 95 US-Dollar liegen wird.

Preisprognose für WTI zum Jahresende

Weniger als 65 US-Dollar/Barrel 6%
65 bis unter 75 US-Dollar/Barrel 50%
75 bis unter 85 US-Dollar/Barrel 28%
$85/brl bis weniger als $95/brl 16%
$95/brl oder mehr --
Im Hinblick auf andere Indikatoren halten 47 % der Natixis-Strategen Ausschau nach niedrigeren Kosten im Dienstleistungssektor, einem Bereich, den die Fed und andere Zentralbanken als letzte Front im Kampf gegen die Inflation betrachten. Nach einer längeren Inflationsphase bei Lebensmitteln in den Industrieländern sind 38 % jetzt überzeugt, dass niedrigere Lebensmittel- und Getränkekosten im zweiten Halbjahr wahrscheinlich zu einer niedrigeren Inflationsrate beitragen werden.

Festverzinsliche Wertpapiere: Von höheren Erträgen zu längeren Laufzeiten

Festverzinsliche Wertpapiere lieferten in der ersten Jahreshälfte 2023 die womöglich bedeutendste Nachricht für Anleihen seit mehr als einem Jahrzehnt, denn nach einer 15-jährigen Durststrecke konnten Anleger endlich wieder sagen: „Die Rendite ist zurück“.

Dank der aggressiven Maßnahmen der Zentralbanken zur Eindämmung der Inflation konnten die Anleger von den höchsten Zinsen seit den Monaten vor der globalen Finanzkrise profitieren. Angeführt wurde das Feld von der US-Notenbank. Nachdem die Fed ihre Zielsätze innerhalb von 12 Monaten um 500 Basispunkte erhöht hatte, stiegen die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen bis zum 30. Juni auf 3,84 %.3

Zum gleichen Zeitpunkt stiegen die Leitzinsen durch die Bemühungen der EZB auf 3,5 %, was die Rendite für 10-jährige Anleihen auf 2,39 % hochtrieb. Das ist ein großer Unterschied zu den Negativzinsen, die es 2020 gab.4

Es konnte einiges an Inflation wettgemacht werden, und wenn man dazu noch berücksichtigt, dass die Strategen von Natixis von einer zinspolitischen Wende ausgehen, ist es wahrscheinlich, dass die Nachricht für festverzinsliche Wertpapiere im zweiten Halbjahr einfach lautet, dass es Zeit wird, die Laufzeit zu verlängern – zumindest in den USA.

Auf die Frage nach ihrer Prognose für die nächsten sechs Monate gingen unsere Strategen davon aus, dass sich die Zinsen in einer Spanne bewegen werden. 47 % rechnen mit einer Verzinsung für Staatsanleihen zwischen 3,5 % und unter 4,0 %. Weitere 41 % gehen sogar von einem Rückgang der Zinsen im zweiten Halbjahr aus, wobei 28 % damit rechnen, dass die 10-jährigen Staatsanleihen in den Bereich von 3 % bis 3,5 % sinken werden. 13 % erwarten einen Rückgang der Zinsen auf 2,5 % bis unter 3,0 %.

Obwohl laut Konsens mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen ist, sehen nur wenige einen aggressiven Anstieg der 10-jährigen Renditen, und nur 13 % gehen davon aus, dass die Zinsen im zweiten Halbjahr über 4 % liegen werden.

Zinsausblick für das zweite Halbjahr

Wo werden sich die Zinsen am Jahresende bewegen?
10-jährige US-StaatsanleihenEZB-Leitzins
Unter 2,5 % 0% Unter 3,0 % 3%
2,5 % bis unter 3,0 % 13% 3,0 % bis unter 3,5 % 9%
3,0 % bis unter 3,5 % 28% 3,5 % bis unter 4,0 % 44%
3,5 % bis unter 4,0 % 47% 4,0 % bis unter 4,5 % 31%
4,0 % oder darüber/td> 13% 4,5 % bis unter 5,0 % 13%
Auch in Europa hat sich die Inflation bis Juni 2023 auf 5,5 % abgeschwächt, und die Rendite für 10-jährige Eurobonds lag am 30. Juni bei 3,22 %.5 Die Strategen von Natixis gehen davon aus, dass die EZB-Zinsen zwischen 3,5 % und 4 % (44 %) bzw. zwischen 4 % und 4,5 % (31%) liegen werden. Nur wenige (13 %) rechnen damit, dass die Zinsen im zweiten Halbjahr die 4,5 %-Marke überschreiten, und noch weniger (12 %) gehen davon aus, dass die Zinsen unter 3 % fallen.

Anleihen mit langer Laufzeit im zweiten Halbjahr 2023 gegenüber kurzfristigen Anleihen bevorzugt.
Da sich die allgemeine Inflationslage verbessert, Rezessionssorgen aufkommen und Zentralbanken wie die Fed hinsichtlich weiterer Zinssenkungen eine Verschnaufpause einlegen, prognostizieren 56 % der Befragten für das zweite Halbjahr ein besseres Abschneiden von langfristigen Anleihen als von kurzfristigen Investitionen.

Die Aussichten sind jedoch nicht nur rosig, und Strategen äußern einige Bedenken, was festverzinsliche Wertpapiere in den nächsten Monaten anbetrifft. Ganz oben auf der Liste stehen die 72 %, die befürchten, die Inflation könnte länger dauern als prognostiziert. Ebenfalls befürchten 38%, dass das Zinsniveau länger hoch bleiben könnte als erwartet – dies könnte auch der Grund dafür sein, weshalb 44% der Befragten davon ausgehen, dass kurzlaufende Anleihen besser abschneiden werden.

Bedenken bei festverzinslichen Wertpapieren im zweiten Halbjahr

Inflation hält länger an als erwartet 72%
Zinsen steigen stärker als erwartet 38%
Das Zinsniveau bleibt länger hoch als erwartet 38%
Unternehmensinsolvenzen und -herabstufungen 38%
Rezession 28%
Die Volatilität am Anleihenmarkt kehrt zurück 22%
Verbraucherkredite/Wohnungsmarkt 13%
38 % sorgen sich im Zusammenhang mit der Kreditwürdigkeit um Unternehmensinsolvenzen und -herabstufungen. Nur 28 % machen sich Gedanken über mögliche nachteilige Auswirkungen einer Rezession auf die Anleihemärkte. Noch weniger (22 %) befürchten, die Anleihemärkte könnten wieder so volatil werden wie 2022. Insgesamt machten sich die Strategen am wenigsten Sorgen um Verbraucherkredite und Wohnungsmarkt (13 %). Angesichts der entscheidenden Rolle der Politik für die Rentenmärkte, betrachten 69 % der Befragten einen Zentralbankfehler im zweiten Halbjahr als mittleres (53 %) oder hohes Risiko (16 %).

Aktien: Tech-Werte kühlen von glühend heiß auf lauwarm ab

Nach einem enttäuschenden Jahr 2022, das zu einem großen Teil auf Verluste bei Big Tech zurückzuführen war, erlebten die Märkte im ersten Halbjahr eine beeindruckende Trendwende, was zu einem großen Teil dem Wiedererstarken der Tech-Werte zu verdanken war. Vor allem der technologielastige NASDAQ Composite Index lieferte mit 30 % das beste erste Halbjahr in der 52-jährigen Geschichte des Index. Die Gewinne bei den Big-Tech-Werten bescherten aber auch dem S&P 500 Index einen Zuwachs von 16.88 %.6

In Japan führte der neuerliche Fokus auf nachhaltigem Wachstum und Shareholder Value dazu, dass der Nikkei Index am 30. Juni mit 28,65 % den größten Zuwachs seit 33 Jahren verzeichnete. In Europa lag der Euro Stoxx 600 bei 11,50 %. Im Vereinigten Königreich hingegen konnte der FTSE 100 nicht mit der Konkurrenz mithalten und erreichte im ersten Halbjahr nur 3,11 %.

US-Markt gilt im zweiten Halbjahr als Favorit

USA 34%
Japan 22%
Asiatische Schwellenländer ohne China 22%
EuropA 16%
China 6%
Obwohl die ersten Ergebnisse insgesamt eine beeindruckende Trendwende darstellen, raten die Natixis-Strategen davon ab, die Renditeerwartungen für das zweite Halbjahr zu hoch oder zu niedrig anzusetzen. Nur 28 % rechnen damit, dass die Rallye anhalten wird, und noch weniger (3 %) gehen davon aus, dass die Märkte neue Höchststände erreichen werden. Die meisten Strategen (50 %) sind überzeugt, dass die Märkte sich nach dem Hoch in der ersten Jahreshälfte abkühlen und die Preise den Fundamentaldaten entsprechend sinken werden. Weniger Sorgen machen sich die Strategen um einen ernsthaften Abschwung. Jeder Fünfte (19 %) prognostiziert allerdings ein abruptes Ende der Rallye als Folge der Rezession.

Wie wird sich die Tech-Rallye 2023 entwickeln?

Die Rallye wird sich fortsetzen
Die Rallye wird intensiver  --
Die Rallye wird so weitergehen 31%
Die Rallye wird schwächer werden 63%
Die Blase wird platzen 6%
Zentralbank- und Geopolitik ganz oben auf der Liste der Markthürden
Auch wenn sie sich keine Sorgen über eine Rezession im zweiten Halbjahr machen, rechnen die Strategen von Natixis mit Gegenwind an fast allen Fronten.

Zentralbankpolitik (72 %) und Geopolitik (72 %) erzielen den größten Konsens als potenzielle Hürden. Für Bedenken hinsichtlich der Bankenpolitik sorgt vor allem die Frage, wie hoch und wie lange die Zinspolitik restriktiv bleibt, bevor die Banker den Sieg über die Inflation verkünden.

Aber nicht alle sehen dies negativ, und 22 % sehen in der Politik sogar einen möglichen Katalysator für die Märkte. Sie rechnen möglicherweise damit, dass die Banken ihre Zinserhöhungen aussetzen und letztlich die Zinsen senken, was das Wachstum ankurbeln könnte.

Russlands Krieg gegen die Ukraine wirft weiterhin Fragen an der geopolitischen Front auf, insbesondere nach der überraschenden Entscheidung der Türkei, beim NATO-Treffen im Juli die Mitgliedschaft Schwedens zu unterstützen.

Die Spannungen zwischen den USA und China waren im ersten Halbjahr ein weiteres Problem, aber so, wie 69 % prognostizierten, kam es Anfang Juli tatsächlich zu einer Wiederaufnahme des Dialogs. Welche Fortschritte hier erzielt werden, bleibt abzuwarten, da bekannt wurde, dass sich die Chinesen vor der Wiederaufnahme der Gespräche in E-Mails des US-Handelsministeriums gehackt haben.

Trotz dieser Entwicklungen stuft ein Viertel der Befragten (25 %) die geopolitischen Probleme als Rauschen ein und geht nicht davon aus, dass sie sich auf die Märkte auswirken werden.

An dritter Stelle rangiert bei den Markthürden das Thema Beschäftigung (66 %). Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Möglicherweise wird ein Arbeitskräftemangel von den Befragten als Wachstumshindernis betrachtet, oder sie hören angesichts eines langsamen Wachstums Rezessionssorgen und rechnen in der Zukunft mit Entlassungen.

Auch die Unternehmensgewinne geben Anlass zur Sorge: 66% der Strategen sehen in der Verlangsamung von Gewinnen und dem Nachlassen der Rallye Gegenwind. Ein Viertel (25 %) ist optimistischer und geht davon aus, dass die Gewinne vielmehr als Katalysator wirken könnten.

Auch hinsichtlich der Konsumausgaben sind die Strategen geteilter Meinung. Während die Hälfte von ihnen befürchtet, dass eine Verlangsamung der Konsumausgaben für Gegenwind sorgen könnte, sind 28 % überzeugt, dass die Verbraucher den Markt weiterhin auf ihrem Rücken tragen und als Katalysator für weiteres Wachstum dienen werden.

Während 41 % davon ausgehen, dass der Wohnungssektor in der zweiten Jahreshälfte Gegenwind für die Märkte mit sich bringen wird, sind fast ebenso viele (38 %) davon überzeugt, dass die Sorge vor einer Immobilienblase nur ein Hintergrundrauschen ist. Weitere 22 % argumentieren genau andersherum: Sie sind der Ansicht, dass es noch mehr Spielraum gibt und sich dieser Faktor im zweiten Halbjahr als Katalysator erweisen wird.

Weitere 41 % gehen davon aus, dass sich das von der OECD auf 1,3 % prognostizierte US-BIP als Gegenwind erweisen wird. Trotz der großen Zahl derer, die sich hier besorgt zeigen, sind noch mehr (44 %) überzeugt, dass es sich bei den BIP-Bedenken um Marktrauschen handelt.

Strategen sehen US-Aktienmärkte an der Spitze, Large Caps vor Small Caps.
Auch wenn es viel Gegenwind gibt, geht die Mehrheit der Marktstrategen (34 %) davon aus, dass die USA am besten gerüstet sind für das, was als Nächstes kommt, und die Märkte dort zum Jahresende vorn liegen werden. Weit dahinter kommen die 22 %, die Japan oder Schwellenländer (ohne China) als Gewinner des zweiten Halbjahres sehen. Noch weniger, nämlich 16 %, glauben, dass Europa, und nur 6 %, dass China die Führung übernehmen wird.

Angesichts der aktuellen Dominanz großer Technologieunternehmen bei den Marktrenditen sehen Strategen Large Caps (81 %) besser abschneiden als Small Caps (19 %). Gegen die Small Caps sprechen auch die strengeren Kreditstandards, die im Zuge der Bankenkrise im ersten Quartal festgelegt wurden. Es besteht jedoch kein Konsens darüber, welche dieser Aktien letztendlich als Gewinner hervorgeht, da laut genau einer Hälfte der Befragten Growth und nach der anderen Hälfte Value besser abschneiden wird.

Alles Technologie. Die ganze Zeit.
Obwohl Big Tech im ersten Halbjahr ein wichtiger Treiber für zweistellige Renditen war, geht kein Natixis-Stratege davon aus, dass die Rallye im nächsten Halbjahr noch an Dynamik gewinnen wird. Nur 6 % glauben, dass es sich bei der Rallye um eine Blase handelt, die platzen wird. Stattdessen rechnen die meisten (63 %) damit, dass die Rallye bis zum Jahresende nachlassen wird. Etwas weniger als ein Drittel (31 %) geht davon aus, dass die Rallye auch weiterhin stabile Ergebnisse liefert.

Ein großer Teil der Tech-Rallye ist zurückzuführen auf den Reiz, den die kommerziellen Implikationen der jüngsten Fortschritte in der KI-Forschung auf den Markt ausüben. Insgesamt gehen die Strategen von Natixis davon aus, dass sich diese Fortschritte in den nächsten zwei bis fünf Jahren unterm Strich positiv auswirken werden, insbesondere für Anleger und Investmentmanager:
  • 88 % glauben, dass KI Investitionsmöglichkeiten eröffnen wird, die sonst nicht wahrnehmbar wären.
  • Drei Viertel glauben außerdem, dass KI ihnen dabei helfen wird, Risiken zu erkennen, von denen sie bisher nichts wussten.
  • Fast sieben von zehn (66 %) glauben, dass KI das traditionelle Marktverhalten verändern wird.
  • Auch wenn sie davon ausgehen, dass sich die Art und Weise, wie sie investieren, ändern wird, befürchten nur 19 %, dass KI ihnen in den nächsten zwei bis fünf Jahren die Arbeit nehmen wird.
Trotz der positiven Aspekte sind sich die Befragten auch der negativen Auswirkungen von KI auf die Märkte bewusst. So, wie befürchtet wird, KI könnte zur Manipulation der politischen Stimmung und des Wählerverhaltens eingesetzt werden, befürchten Strategen auch, dass Anlegerverhalten und Marktstimmung von kriminellen Akteuren manipuliert werden könnten. 100 % der Strategen sind überzeugt, dass KI die Betrugsgefahr erhöhen wird. Weitere 69 % warnen vor einer Beschleunigung des Tageshandels.

Was die Investitionsmöglichkeiten durch die KI an sich anbetrifft, so sind sich die Strategen uneinig. Während die eine Hälfte damit rechnet, dass sie langfristiges Wachstum fördern wird, geht die andere Hälfte angesichts des derzeitigen Aufwärtstrends von einer Blase aus.

Rezession: Die Schlagzeile, die keine war ... und noch immer keine ist.

Unter all den Schlagzeilen, die in der ersten Jahreshälfte 2023 von sich reden machten, gibt es eine, die deshalb bemerkenswert ist, weil es sie nie gab: die Schlagzeile von der Rezession.

Inflation, steigende Zinsen und verlangsamtes Wachstum lassen Marktteilnehmer seit weit über einem Jahr eine mögliche Rezession befürchten. So waren laut einer im November 2023 durchgeführten Umfrage 59 % der institutionellen Anleger überzeugt, dass eine Rezession 2023 „unvermeidlich“ ist. Für einige waren die Signale so stark, dass 54 % sogar sagten, eine Rezession sei „absolut notwendig“, um die Inflation einzudämmen.8

Rezessionssorgen geringer als bei Institutionen im 4. Quartal 2022.
Und so sieht es jetzt aus: Die Märkte haben solide bis herausragende Renditen erzielt. Anleihen generieren attraktive Renditen. Die Inflationsrate ist in den USA auf nur 3 % gesunken, und auch andere Länder sind auf dem Weg zu einer niedrigeren Inflation.9 Zudem hat Fitch seine Schätzungen für das globale BIP-Wachstum im Jahr 2023 von 2,0 % auf 2,4 % erhöht.10

Angesichts all dieser neuen Entwicklungen vertreten die Natixis-Strategen eine gelassenere Perspektive in puncto Rezession als ihre institutionellen Kollegen noch vor sieben Monaten, und 78 % der Befragten prognostizieren der Wirtschaft eine eher sanfte als harte Landung.

Bewertung der Rezessionsrisiken im zweiten Halbjahr

Kein Risiko --
Geringes Risiko 50%
Mittleres Risiko 31%
Hohes Risiko 19%
Knapp jeder Fünfte (19 %) sieht in den nächsten sechs Monaten ein hohes Rezessionsrisiko. Bei der aktuellen Stimmung wird das Rezessionsrisiko in diesem Zeitraum viel eher als gering (50 %) oder moderat (31 %) eingestuft.

Auf die direkte Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Rest des Jahres 2023 antworten nur 6 %, dass diese unvermeidlich sei. Stattdessen lautet die Antwort eher „Sag niemals nie“, da 53 % sie eindeutig für möglich halten. Viel wesentlicher ist, dass fast ein Drittel der Befragten (31 %) das Auftreten einer Rezession in der zweiten Hälfte bezweifelt und 9 % so weit gehen, diese als höchst unwahrscheinlich zu betrachten.

Ein neues Kapitel.

Das erste Halbjahr 2023 bildete einen drastischen Kontrast zur Realität der letztjährigen Verluste bei Aktien wie bei Anleihen. Die Stimmung unter Marktstrategen und Ökonomen bei Natixis Investment Managers deutet jedoch darauf hin, dass das größte Risiko darin bestehen könnte, sich in trügerischer Sicherheit zu wiegen.

Die Inflation hat sich in den meisten Industrieländern von einer allumfassenden Problematik zu einer beherrschbaren Situation entwickelt; es könnte aber noch lange dauern, bis die aggressiven Ziele der Zentralbanken erreicht werden.

Die Renditen haben in einigen Bereichen das attraktivste Niveau seit 15 Jahren erreicht, sich verbessernde Wirtschaftsaussichten könnten aber bevorstehende Zinssenkungen ankündigen und dazu führen, dass längere Laufzeiten besser abschneiden.

Big Tech hat dem Aktienmarkt in der ersten Jahreshälfte wieder zu einem satten Anstieg verholfen, doch auch wenn nur wenige mit einem dramatischen Abschwung rechnen, machen sich 66 % Sorgen um die Unternehmensgewinne und gehen davon aus, dass die Rallye nicht ausbrennen, sondern sich langsam abkühlen wird.

Auch wenn die Rezessionssorgen für das zweite Halbjahr nicht groß sein mögen, bleiben noch genügend Fragen offen, sodass mehr als die Hälfte der Befragten eine Rezession nach wie vor eindeutig für möglich hält.

Auch wenn der anfängliche Erfolg des Jahres 2023 nachlassen sollte, sehen die 32 befragten Marktstrategen und Ökonomen von Natixis auch weiterhin Chancen im Markt. Alles, was Anleger tun müssen, ist, ein neues Kapitel aufzuschlagen und ihre Erwartungen für den Rest des Jahres 2023 neu zu definieren.

Über den Ausblick der Natixis-Strategen
Der Ausblick 2023 der Natixis-Strategen basiert auf den Antworten von 32 Experten. Davon sind 26 bei 11 Allifliates von Natixis Investment Managers beschäftigt, 4 bei Natixis Investment Managers Solutions und 2 bei Natixis Corporate & Investment Banking.

Jack Janasiewicz, CFA®
Portfolio Manager and Portfolio Strategist
Natixis Investment Manager Solutions


Garrett Melson, CFA®
Portfolio Strategist
Natixis Investment Manager Solutions


Chris Sharpe, CFA®
Chief Investment Officer and Portfolio Manager
Natixis Investment Manager Solutions


Dirk Schumacher
Head of European Macro Research
Natixis Corporate & Investment Banking


Cyril Regnat
Head of Research Solutions
Natixis Corporate & Investment Banking


Michael J. Acton, CFA®
Managing Director, Head of Research
AEW Capital Management


Hans Vrensen, CFA®, MRE
Head of Research & Strategy
AEW Europe


Jean-Charles Mériaux
Chief Investment Officer
Chief Investment Officer
DNCA Investments11


Pascal Gilbert
Bond Fund Manager
DNCA Investments11


Isaac Chebar
Fund Manager, European Value Equity
DNCA Investments11


Carl Auffret, CFA®
Fund Manager, European Growth Equity
DNCA Investments11


Michael Buckius, CFA®
Chief Executive Officer, President, Chief Investment Officer, and Portfolio Manager
Gateway Investment Advisers

Adam Abbas
Portfolio Manager and Co-Head of Fixed Income
Harris Associates


Brian Horrigan, CFA®
Chief Economist
Loomis, Sayles & Company


James Grabovac, CFA®
Municipal Bond Investment Strategist
Loomis, Sayles & Company


Brian P. Kennedy
Portfolio Manager, Full Discretion Team
Loomis, Sayles & Company


Lynda L. Schweitzer, CFA®
Portfolio Manager, Co-Team Leader of Global Fixed Income Team
Loomis, Sayles & Company


Michael Crowell
Co-Director of Macro Strategies and Director of Quantitative Research Risk Analysis
Loomis, Sayles & Company


Craig Burelle
Global Macro Strategist, Credit
Loomis, Sayles & Company


Elisabeth Colleran, CFA®
Portfolio Manager, Emerging Markets Debt Team
Loomis, Sayles & Company


Lynne Royer
Portfolio Manager, Co-Head of Disciplined Alpha Team
Loomis, Sayles & Company


Jens Peers, CFA®
CEO and CIO
Mirova (US)12


Rafael Calvo
Managing Partner, Chief Investment Officer
MV Credit

Carmine de Franco, PhD
Head of Fundamental Research
Ossiam


Axel Botte
Global Strategist
Ostrum Asset Management


Philippe Waechter
Chief Economist
Ostrum Asset Management


Chris D. Wallis, CFA®, CPA®
CEO, CIO, Senior Portfolio Manager
Vaughan Nelson Investment Management


Mabrouk Chetouane
Head of Global Market Strategy
Natixis Investment Managers Solutions


Nicole Downer
Managing Partner and Head of Investor Solutions
MV Credit


Yan Gao
Portfolio Manager & Business Analyst
WCM13


Philippe Berthelot
CIO Credit Management & Money Markets
Ostrum Asset Management


Alexandre Caminade
CIO Core Fixed Income and Liquid Alternatives
Ostrum Asset Management

5803712.1.1
1 Bloomberg
2 Statista. (July 3, 2023). Closing price of Brent, OPEC basket, and WTI crude oil at the beginning of each week from March 2, 2020 to June 26, 2023 (in U.S. dollars per barrel) [Graph]. In Statista. Retrieved July 21, 2023, fromhttps://www.statista.com/statistics/326017/weekly-crude-oil-prices/
3 Bloomberg
4 Bloomberg
5 Bloomberg
6 Bloomberg
7 Bloomberg (total returns in local currency)
8 Natixis Investment Managers, Global Survey of Institutional Investors conducted by CoreData Research in October and November 2022. Survey included 500 institutional investors in 30 countries throughout North America, Latin America, The United Kingdom, Continental Europe, Asia and the Middle East.
9 Bloomberg
10 Fitch Ratings: Global Economic Outlook - June 2023, https://www.fitchratings.com/research/sovereigns/global-economic-outlook-june-2023-21-06-2023#:~:text=Fitch%20Ratings%20has%20raised%20its,a%20lot%20stronger%20than%20expected.
11 A brand of DNCA Finance
12 Operated in the U.S. through Mirova U.S., LLC (Mirova US). Mirova US had $9.1B / €8.4B / £7.4B assets as of March 31, 2023.
13 Effective April 5, 2019, Natixis Investment Managers owns 24.9% of WCM Investment Management.