Es scheint kaum Zweifel daran zu geben, dass wir uns auf einen Zinssenkungszyklus zubewegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?
Der Anstieg der globalen Zinssätze, der im ersten Quartal 2024 begann, setzte sich in der ersten Hälfte des Quartals fort, bevor er sich dann im Mai und Juni in Europa stabilisiert und in den USA teilweise umgekehrt hat. Wie erwartet hat die EZB mit einer Senkung ihres Leitzinses um 25 Basispunkte¹ reagiert. Es wird erwartet, dass weitere Senkungen folgen werden. Im September nahm die Fed entsprechend den Markterwartungen ihre erste Zinssenkung vor. Basierend auf den derzeit vorhandenen Informationen rechnen wir in den kommenden Monaten mit weiteren Leitzinssenkungen durch beide Zentralbanken, wobei bis zum nächsten Sommer noch weitere Senkungen möglich sind.
Wie positiv schätzen Sie die Aussichten für Investoren zum Jahresende ein?
Wir sehen keine besonderen Risiken, die direkt mit der makroökonomischen Situation einhergehen, aber es gibt vier Bereiche, die wir ganz genau beobachten, weil wir glauben, dass sie mittel- bis langfristig eine größere Gefahr darstellen könnten.
Der erste davon ist die Inflation. Wir glauben nicht, dass die Inflation kurzfristig ein Risiko darstellt, aber aufgrund von Faktoren wie der Energiewende, der zunehmenden Ressourcenknappheit, Krieg und Populismus, um nur einige zu nennen, droht mittel- bis langfristig weiterhin eine höhere und instabilere Inflation, als es die Märkte gewohnt sind.
Der zweite ist die Volatilität. Seit Anfang Juni haben politische Ereignisse am meisten Volatilität an den Finanzmärkten verursacht. Die Überprüfung der Haushaltsbudgets hat oft größere Defizite aufgedeckt als zuvor angenommen, und Wahlergebnisse sorgen für große Besorgnis. Daher rechnen wir vor dem Hintergrund politischer Unsicherheit mit einer Zunahme der Volatilität – insbesondere, weil die im November stattfindenden US-Wahlen vor der Tür stehen.
Der dritte Faktor, den wir im Auge behalten, hängt eng mit den beiden anderen zusammen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Zentralbanken bei geldpolitischen Entscheidungen zurückhaltender sein werden und die Märkte diese daher weniger gut werden vorhersagen können. Wenn es etwas gibt, das wir wissen, dann, dass Märkte Unsicherheiten hassen. Dies wiederum könnte zu einer höheren Volatilität der Märkte führen.
Der letzte Faktor auf unserer Liste bezieht sich auf die Verschuldung. Über dieses Thema haben wir ausführlich gesprochen, und es ist ein Grund zur Sorge, nicht nur für uns. Wie Sie der unten angeführten Grafik entnehmen können, weisen einige bedeutende Märkte inzwischen ein Haushaltsdefizit von mehr als 3 % des BIP auf.2