Karen Kharmandarian

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Thematics Asset Management

Alexandre Zilliox

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Thematics Asset Management

Künstliche Intelligenz (KI) ist drauf und dran, die Welt auf den Kopf zu stellen.

Im Januar 2023 kündigte Microsoft Investitionen in Höhe von 10 Mrd. US-Dollar in OpenAI an, ein KI-Forschungsunternehmen, das ChatGPT entwickelt hat. ChatGPT ist allem Anschein nach mehr als nur ein herkömmlicher Chatbot und hat seit seiner Einführung im November 2022 das Internet im Sturm erobert, innerhalb weniger Tage über eine Million Nutzer erreicht und eine neue Diskussion über die Rolle von KI in der Berufswelt angestoßen1.

Für KI gilt: Je länger der Zeitrahmen, desto kühner die Vorhersagen. Manche meinen, KI werde eine utopische Welt voller neuer Chancen einläuten. Andere wie Elon Musk warnen, der rasche Aufstieg der KI könne „potenziell gefährlicher als Atomwaffen2“ sein.

Solche Diskussionen sind kurzweilig, aber wer Recht behält, wird sich erst in Jahrzehnten herausstellen. Doch wenn wir konkret darüber nachdenken, was KI auf absehbare Zeit für unser Arbeitsleben bedeutet?

Absolute Hochleistungsrechner und Killerroboter mögen noch Zukunftsmusik sein, doch neue Technologien – KI eingeschlossen – verändern die Arbeitswelt bereits radikal. In den nächsten fünf bis zehn Jahren dürfte sich unser beruflicher Alltag ganz anders gestalten.

Viele Menschen stellen sich unter KI allmächtige Maschinen vor, doch die größte Umwälzung, die sich derzeit vollzieht, besteht in der Automatisierung. Mit Rechnern und Robotern, die inzwischen in der Lage sind, komplexe – und ganz banale – Aufgaben zügig und präzise auszuführen, setzt sich die Automatisierung in so verschiedenen Bereichen wie Landwirtschaft, Logistik (Roboterisierung), Bau unbemannter Maschinen und Verwaltungs- und Back-Office-Support (durch Big Data) durch.

Denken Sie an die nervigen Selbstbedienungskassen in Ihrem Supermarkt oder an die Algorithmen, die über Ihre Social-Media-Feeds bestimmen. Beides sind Beispiele für KI und Automatisierung.

Unternehmen jeder Couleur erkennen allmählich die Möglichkeiten der KI. Neben gesteigerter Produktivität, geringerer Fehlerquote und besserer Kundenbetreuung sehen manche auch einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Einführung von KI und höheren Umsätzen.

Einer Infosys-Studie zufolge besteht beispielsweise „eine klare Verbindung zwischen dem Umsatzwachstum von Organisationen und ihrem KI-Reifegrad: Organisationen, die schnellere Umsatzsteigerungen ausweisen, … zeichneten sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch durch einen Vorsprung beim KI-Reifegrad aus3 “.

Immer häufiger wird KI als langfristige strategische Priorität betrachtet, bei der es sich Unternehmen nicht leisten können, in Rückstand zu geraten. Kein Wunder, dass beispielsweise so gut wie alle Supermärkte inzwischen Selbstbedienungskassen eingeführt haben oder dass sich Fabriken und sogar Frachthäfen im Automatisierungswettlauf befinden.
Die Pandemie löste nicht nur eine Homeoffice-Revolution aus, sondern schob auch einen Investitionsboom in KI und Transformation an, wie ihn jede Generation nur einmal erlebt. Digitalisierungspläne, die auf Jahre angelegt waren, wurden in wenigen Monaten umgesetzt, da Unternehmen neue digitale und datengesteuerte Initiativen starteten, durch die sie flexibler und robuster werden wollten.

Über die Hälfte aller befragten Unternehmen trieb während der Covid-Krise beispielsweise ihre Pläne zur Einführung von KI voran, wie eine Studie von PWC ermittelte4. Fast alle gaben an, dass KI für sie nun eine „Mainstream-Technologie“ für die Zukunft sei. 55% aller Unternehmen forcierten ihre KI-Strategie 2020 Covid-bedingt, und zwei Drittel äußerten, sie würden diese Strategie 2021 engagierter verfolgen5.

Erwartungsgemäß nahmen die Gesamtinvestitionen in KI, die bereits im Verlauf von 2019 und 2020 stetig angestiegen waren, 2021 rasant zu und dürften in den kommenden Jahren hoch bleiben.
Nun, voraussichtlich werden wir erleben, dass die Automatisierung flächendeckend zunimmt, da große Unternehmen versuchen, nach Möglichkeit ihre Kosten zu senken und ihre Effizienz zu steigern. Das könnte weniger Funktionen mit direktem Kundenkontakt mit sich bringen und für den Endverbraucher bedeuten, dass er häufiger mit Chatbots, Selbstbedienungsoptionen und Online-Portalen zu tun bekommt.

Es wird auch ein deutlich stärkerer Schwerpunkt auf Daten und Analyse liegen. In einer immer stärker durch Digitalisierung und Homeoffice geprägten Welt müssen Unternehmen zunächst ihre Kunden kennen und ihre Lieferketten und Vertriebsnetze flexibler gestalten. Ohne Cloud-Computing geht gar nichts. Und Back-Office-Funktionen werden so weit wie möglich automatisiert oder ausgelagert.

Das wiederum sollte die Produktivität steigern und das Wirtschaftswachstum insgesamt anheizen. Der „Einsatz von KI- und Automatisierungstechnologien kann viel dazu beitragen, die Weltwirtschaft anzukurbeln und den globalen Wohlstand zu steigern – und das in einer Zeit, in der alternde [Bevölkerungen] und sinkende Geburtenraten das Wachstum bremsen“, so McKinsey.6 Insgesamt prognostiziert PWC, dass „Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) die Weltwirtschaft bis 2030 um 15,7 Bio. US-Dollar bereichern werden.“7
Manche geben zu bedenken, dass KI und Automatisierung den Arbeitsalltag von Millionen Menschen radikal verändern könnten. „Das Disruptionsszenario geht von einer Deindustrialisierung aus und damit von nachlassender Nachfrage nach Produktionskräften in der Fertigungsindustrie“, so Credit Suisse. „Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt sollte überwiegend die schwächsten Bereiche betreffen – sowohl in Bezug auf das Bildungsniveau als auch auf die geografischen Gegebenheiten.“8

Das ist unweigerlich mit negativen Folgen für geringer qualifizierte Arbeitnehmer in Entwicklungsländern verbunden, wovon Länder wie China, Indien und Bangladesch am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werden dürften.

Wie viele Jobs könnte das kosten? Da gehen die Schätzungen weit auseinander. McKinsey geht beispielsweise davon aus, dass bis 2030 etwa 15 % der weltweiten Erwerbsbevölkerung, d. h. etwa 400 Millionen Arbeitnehmer, durch die Automatisierung verdrängt werden, eine Zahl, die im Rahmen des schnellsten von McKinsey modellierten Szenarios auf 30 % ansteigen könnte. Dem langsamsten Entwicklungsszenario zufolge würden nur 10 Millionen Menschen ersetzt – mit vernachlässigbaren Auswirkungen auf die globale Erwerbsbevölkerung.9

Neue Technologien könnten aber auch neue Arbeitsmarktchancen eröffnen. Und die Länder mit dem höchsten Niveau an KI-Einführung und Automatisierung – wie die Schweiz, Singapur und das Vereinigte Königreich – haben bislang noch keinen breiten Stellenabbau verzeichnet. Der große Umbruch, den viele befürchten, muss sich daher nicht unbedingt einstellen – vor allem, wenn Arbeitskräfte so umgeschult werden können, dass sie Hand in Hand mit Automaten arbeiten und nicht komplett durch diese verdrängt werden.

Dennoch dürfte die Arbeitswelt am Ende dieses Jahrzehnts ganz anders aussehen, und darauf müssen sich Politik, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Anleger einstellen. Obwohl sich Chancen bieten, wird die Umstellung nicht für jeden reibungslos ablaufen.

Zukunftsfähige themenorientierte Portfolios

Erfahren Sie mehr

1 Quelle: https://www.bloomberg.com/news/articles/2023-01-23/microsoft-makes-multibillion-dollar-investment-in-openai
2 Quelle: https://www.cnbc.com/2014/08/04/ai-potentially-more-dangerous-than-nukes-musk-warns.html
3 Quelle: https://www.infosys.com/newsroom/press-releases/2017/leadership-workforce-implications-vital.html
4 Quelle: https://www.pwc.com/us/en/tech-effect/ai-analytics/ai-predictions.html
5 Quelle: https://appen.com/whitepapers/the-state-of-ai-and-machine-learning-report/
6 Quelle: https://www.mckinsey.com/~/media/mckinsey/featured%20insights/future%20of%20organizations/ai%20automation%20and%20the%20future%20of%20work%20ten%20things%20to%20solve%20for/mgi-briefing-note-ai-automation-and-the-future-of-work_june2018.pdf
7 Quelle: https://www.pwc.com/gx/en/issues/data-and-analytics/publications/artificial-intelligence-study.html
8 Quelle: https://www.credit-suisse.com/media/assets/corporate/docs/about-us/research/publications/ai-the-future-of-work.pdf
9 Quelle: https://www.mckinsey.com/~/media/mckinsey/featured%20insights/future%20of%20organizations/ai%20automation%20and%20the%20future%20of%20work%20ten%20things%20to%20solve%20for/mgi-briefing-note-ai-automation-and-the-future-of-work_june2018.pdf

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