In den vier Jahren seit dem Pariser Klimaabkommen haben wir verheerende Wirbelstürme und Überschwemmungen in den Vereinigten Staaten, Europa und Asien erlebt. Flächenbrände haben in Kalifornien und Australien Millionen von Hektar Land verwüstet. In den letzten zehn Jahren lag die wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen im Durchschnitt bei 150 Mrd. US-Dollar jährlich (136,6 Mrd. Euro).1 Das Fazit: Investoren können die Auswirkungen des Klimawandels nicht länger ignorieren.

Das Verständnis für Klimarisiken ist nicht so leicht zu verstehen, wie es den Anschein hat. Es gibt nicht die eine „Klimagefahr“. Manche Sektoren sind offensichtlich unmittelbar physisch bedroht – beispielsweise Hotels, die in Hurrikan-Gebieten liegen oder an der Küste angesiedelte Unternehmen, die durch den steigenden Meeresspiegel vor dem Ruin stehen. Bei anderen ergibt sich das Risiko eher aus der Regulierung – höhere Strafen für Umweltverschmutzung, Grenzwerte für Emissionen oder Einschränkungen für den Einsatz fossiler Brennstoffe. Die Risiken können aber auch finanzieller Natur sein – wenn etwa Versicherungen aufgrund von Naturkatastrophen jedes Jahr Milliarden zahlen müssen. Und dann ist da noch das „Umstellungsrisiko“ – das Risiko nämlich, dass bestimmte Unternehmen beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen, um politische oder juristische Probleme zu vermeiden. Nicht zu vergessen, dass der Klimawandel noch weitere Gefahren birgt – etwa den Rückgang der biologischen Vielfalt oder die Knappheit natürlicher Ressourcen. Dadurch könnte ein Dominoeffekt entstehen.


Bei Finanzen und Klima ist eine Konvergenz festzustellen – die beiden Themen verflechten sich zunehmend. Im Grunde geht es bei beiden um den Value at Risk. Die TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Ihre Empfehlungen werden erweitert und verschärft, und das ist gut so. Ich arbeite mit Versicherungsgesellschaften zusammen – dort gelten die TCFD-Vorgaben als eine Art grüne Solvabilität-II-Richtlinie.”

~ Olivier Trecco
Client Portfolio Manager, Natixis Investment Managers International


Für Investoren ist es nicht so einfach, diese Risiken zu analysieren. Risiken müssen auf Sektoren und Unternehmen heruntergebrochen werden, um nicht nur die Höhe des jeweiligen Risikos zu ermitteln, sondern auch, wie sich dieses auf die langfristigen Investmenterträge auswirken könnte. Ein erster Schritt ist die Berücksichtigung der Klimathematik in Investmententscheidungen – das E von ESG. Auch der Dialog erfüllt eine Funktion. Je mehr Investoren über die Klimarisiken ihrer Portfolios wissen, desto besser. Das macht Wissen und Kompetenz noch wertvoller. Konzernweit treten Tochtergesellschaften jedes Jahr mit Hunderten von Unternehmen in den Dialog – zu Fragen wie Umweltmanagement, Emissionen und Energieeffizienz. Auch der Begriff Klimaresilienz gewinnt an Bedeutung, da immer mehr Immobilien und Infrastruktur durch extreme Wetterverhältnisse gefährdet sind. Unsere Tochtergesellschaften beschäftigen sich schon seit Jahren mit Klimafragen. Bei vielen ist dieses Thema bereits in Investment- und Dialogprozesse eingeflossen.

Als Gruppe haben wir den Klimawandel zum wesentlichen ESG-Aspekt erklärt. In diesem Jahr hebt Loomis Sayles in den Vereinigten Staaten das Klima besonders hervor: Es wird eine neue Klimaerklärung des CEO aufgesetzt und sichergestellt, dass das Klima in Investmentanalysen, Dialoge und Schulungsprogramme eingebunden wird. In Frankreich hat Ostrum währenddessen Klima- und Kohlenstoffbilanz in die Portfoliomanager-Ausbildung aufgenommen.

ESG truck

Über 50% unserer Tochtergesellschaften, gemessen am
verwalteten Vermögen, messen ihren „ökologischen Fußabdruck“
oder berücksichtigen diesen aktiv.

Bei der Integration von ESG wollen wir aber Klimarisiken nicht komplett ausschalten. Schließlich haben auch Investitionen in Krankenhäuser, Brücken oder Landwirtschaft zumindest gewisse Auswirkungen auf die Umwelt. Als Gesellschaft können wir uns dem Klimawandel nicht durch „ESG-Integration” entziehen. Stattdessen müssen wir uns als Vermögensverwalter mehr Durchblick verschaffen, damit wir die Sektoren und Unternehmen unterstützen können, die auf eine effektive Umstellung auf eine nachhaltigere, kohlenstoffärmere Wirtschaft hinarbeiten, und künftig in Projekte investieren, die einen spürbaren Effekt auf den Klimawandel haben.

Dabei gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass Investoren auf Rendite verzichten müssen, wenn sie Klimarisiken auf diese Weise verringern. Eine aktuelle Studie von Morgan Stanley2 belegte keine messbaren Performance-Unterschiede. ESG-Fonds wiesen insgesamt sogar die geringeren Abwärtsrisiken auf. In manchen Fällen bestehen direktere Korrelationen – bei Immobilien zum Beispiel. In diesem Sektor arbeitet AEW eng mit Immobilienverwaltern, -betreibern und -nutzern zusammen, um die Energieeffizienz zu steigern und Wasserverbrauch und Abfallaufkommen zu verringern. Das sorgt für niedrigere Strom- und Wasserrechnungen und damit potenziell für höhere Gewinne und bessere Erträge für Anleger.

Im Umgang mit Klimarisiken entdecken wir laufend Neues. Noch sind die vorliegenden Daten nicht stimmig, doch zumindest veröffentlichen die Unternehmen inzwischen mehr Informationen, womit sie in erster Linie auf strengere Meldevorschriften reagieren. Auch maschinelles Lernen könnte sich als nützlich erweisen – bei der Analyse von Korrelationen zwischen ESG und Finanzergebnis zum Beispiel. Ganz neue Maßstäbe könnte hier die TCFD setzen – die Task Force for Climate-Related Financial Disclosures des Finanzstabilitätsrats. Die 2017 eingerichtete TCFD empfiehlt, dass Unternehmen zu vier Säulen Bericht erstatten sollen: Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen und Vorgaben. Die TCFD sollte den Informationsfluss verstärken und es Anlegern erleichtern, Klimarisiken einzuschätzen. Die PRI-Initiative hat ihre Unterzeichner bereits in die Pflicht genommen, die Empfehlungen der TCFD zu befolgen. Unser Ziel als Gruppe ist es, diese Empfehlungen einzuhalten. Nähere Informationen über unseren TCFD-Ansatz sind Seite 33 des Responsible Investment Report 2020 von Natixis Investment Managers zu entnehmen.

Mit verlässlichen Daten zur Emissionsbilanz – die die Bereiche 1, 2 und 33 abdecken – können Anleger erstmals einen Kohlenstoffkurs vorzeichnen und den Effekt ihrer Investments auf den Klimawandel klar erkennen (und umgekehrt). Das ist so wichtig, weil es Anleger in die Lage versetzt, ihre Portfolios auf bestimmte Klimawandelszenarien auszurichten – beispielsweise auf eine Erwärmung um +1,5 °C oder +2 °C (das Pariser Klimaabkommen fordert, die Erwärmung bis 2030 auf „deutlich unter +2 °C“ zu begrenzen). Manche Tochtergesellschaften setzen diesen Ansatz bereits ein. So zieht Dorval beispielsweise drei Szenarien heran: +2 °C, +4 °C und +6 °C. Mirova zeichnet für eigene Fonds die „Erwärmung“ auf, die deren Investments implizieren – um die Konformität mit dem Pariser Ziel zu gewährleisten. Mirova arbeitet darüber hinaus mit Fachleuten von Carbone 4 an der Aufstellung „lebenszyklusübergreifender“ Kohlenstoffbilanzen für Investments.

Es bleibt noch viel zu tun – die Märkte preisen Klimarisiken derzeit noch nicht vollständig ein –, doch die gute Nachricht ist: Die Vermögensverwalter nehmen das Thema ernster. Sie beziehen das Klima in ihr Research und ihre Analysen ein. De facto bringen sie Finanz- und Klimarisiken näher zusammen. Je besser wir als Branche Klimarisiken bewerten können, desto effektiver können wir sie steuern.


How satisfied are you with the
climate-related disclosure of
publicly-traded companies?

How satisfied are you with the climate-related disclosure of publicly-traded companies?

Do you believe that markets are consistently
and correctly pricing climate risks
into company and sector valuations?

Do you believe that markets are consistently and correctly pricing climate risks into company and sector valuations?

Have you incorporated TCFD
disclosures into your investment
analysis to date?

Have you incorporated TCFD disclosures into your investment analysis to date?

Source: Sustainable investor poll on TCFD implementation. Copyright 2019 by Global Sustainable Investment Association (GSIA). Respondents surveyed in Australasia, Canada, Europe (excluding UK), Japan, UK and the United States.


Bei Kunden beobachten wir einen verstärkten Fokus auf dem Klimawandel. Die Klimathematik birgt für alle Anlageklassen entscheidende Risiken und Chancen – und diese sind ein fester Bestandteil unserer Investmententscheidungsprozesse. Das unterstützen wir durch die Schulung unserer Teams und die Erweiterung von Daten- und Szenarioanalyse.”

~ Kathleen Bochman
Director of ESG, Loomis Sayles




Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem ersten Responsible Investment Report mit dem Titel ‚Making A Difference‘.

1 ‚Disaster Risk Management – Kontext‘, Website der Weltbank, April 2020

2 Sustainable Reality, Analyzing Risk and Returns of Sustainable Funds (Morgan Stanley Institute for Sustainable Investing). Copyright 2019 by Morgan Stanley.
Die Analysen basierten auf der Wertentwicklung von knapp 11.000 Investmentfonds von 2004 bis 2018.

3 Laut dem Greenhouse Gas Protocol. Bereich 1 deckt direkte Emissionen aus dem Betrieb eines Unternehmens ab; Bereich 2 bezieht sich auf indirekte Emissionen (aus eingekaufter Energie) und Bereich 3 auf Emissionen, die in der Wertschöpfungskette des Unternehmens anfallen. Bereich 3 ist mitunter schwer messbar, doch je nach Sektor entfällt darauf oft der größte Teil der gesamten Kohlenstoffbilanz eines Unternehmens.

Diese Unterlagen dienen ausschließlich der Information und sind nicht als Investmentberatung zu verstehen. Die vorstehend geäußerten Ansichten und Stellungnahmen entsprechen dem Stand zum angegebenen Datum und können sich aufgrund von Markt- und sonstigen Bedingungen ändern. Es kann nicht zugesichert werden, dass Entwicklungen wie prognostiziert ablaufen.

Die Informationen zu den Tochtergesellschaften stammen aus internen Fragebögen, die von den verbundenen Vermögensverwaltern im Rahmen einer von Natixis Investment Managers durchgeführten Umfrage ausgefüllt wurden.